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Rituale können richtig gut tun. Sie schaffen eine Anbindung an die Mitwelt und wirken unterstützend. Damit beschäftigt sich Daniela Müller, die Bezugsperson von Oberkirch, schon lange.
Wir alle haben tägliche Routinen und Rituale. Was ist dein liebstes tägliches Ritual und wo liegt der Unterschied zur Gewohnheit?
Für mich ist der Start in den Alltag sehr wichtig. Ich nehme mir jeden Morgen nach dem Aufstehen 20 Minuten Zeit, um in Ruhe diesen Tag zu begrüssen. Bewusst schaue ich in die Natur, beobachte einen Vogel oder nehme die Veränderung des Lichtes wahr. Dazu geniesse ich einen Kaffee. Der Kaffee ist eine Gewohnheit oder eine Routine. Das Beobachten der Natur und die positiven Gedanken sind für mich wie ein Gebet. Der Zeitraum ist mit persönlichem Sinn gefüllt und kann so zu einem Ritual werden. Ein Ritual ermöglicht Tiefe und Berührtsein. Kurz umschrieben, könnte man sagen: Ein Ritual braucht eine Hinführung, eine Handlung, die einer Absicht Ausdruck verleiht, und Zeit.
Es gibt Rituale, die werden täglich, andere vielleicht jährlich und weitere nur einmal im Leben gefeiert. Haben die Rituale einen jeweils anderen Wert für unser Leben?
Rituale zu feiern, entspricht einem elementaren Grundbedürfnis des Menschen. In unserer kurzlebigen und oftmals auch oberflächlichen Zeit entsteht wieder vermehrt der Wunsch, wichtige Lebensübergänge und Lebensthemen bewusst zu feiern und zu gestalten. Ob Geburt, Erwachsenwerden, ob Hochzeit, Trennung, Pensionierung oder Tod – mit einem Ritual kann Belastendes besser verarbeitet und gelöst werden und Freudiges wird intensiver und sinnlicher gefeiert. Dabei möchte ich Rituale nicht bewerten. Ein kleines Ritual kann genauso wichtig sein wie ein Ritual zu einem Lebensübergang. Kürzlich habe ich für eine Frau ein Ritual vorbereitet, die eine Fehlgeburt hatte. Für sie war es sehr wichtig, diese Situation anzunehmen und mit der Schwangerschaft abzuschliessen.
Rituale haben die verschiedensten Effekte auf uns. Sie können Zugehörigkeit und damit auch Ausschluss, Sicherheit und Halt vermitteln sie können identitätsstiftend, hierarchisierende oder auch manipulierend wirken. Was braucht es, damit die positiven Aspekte zum Tragen kommen?
«Die Funktion des Rituals, wie ich es verstehe, ist es, dem menschlichen Leben Form zu verleihen, und zwar nicht durch ein blosses Ordnen auf der Oberfläche, sondern in seiner Tiefe.» Diese Definition stammt von amerikanischen Mythenforscher Joseph Campell. Das heisst für mich: Ich habe immer grosse Achtung vor den Menschen, für die und mit denen das Ritual gefeiert wird. Ich darf nicht an Vorstellungen und Erwartungen festhalten. Mit einer Einladung können die Personen sich entscheiden, mitzumachen oder Beobachter sein.
In den nächsten Tagen feiern wir Ostern. Es gibt die kirchlichen Rituale mit der Feier der Osternacht. Doch wie sieht es mit Ritualen, wie der Eiersuche aus?
Die Eiersuche ist für mich kein Ritual – das gehört eher ins Brauchtum. Zu jedem Ritual gehört eine Anbindung an etwas Grösseres, Verbindendes – in den kirchlichen Ritualen ist es das Göttliche.
Die Frage ist für mich, kann man Ostern feiern, ohne den Bogen zu spannen zwischen hohen Donnerstag und Ostern. Als Christin habe ich ein Wissen, dass die Rituale in der Kirche auch eine Auseinandersetzung mit mir persönlich sind. Immer wieder erlebe ich diesen Spannungsbogen in meinem Leben, aber im Wissen, dass Ostern der Sieg der Liebe ist. In Oberkirch wird während der Karfreitagsmeditation mit einer rituellen Handlung das Kreuz mit Holzscheiten gefüllt. Dieses Kreuz wird in der Osternacht zum Osterfeuer. Das Holz wird gewandelt in Licht und Wärme.
Wie kann man sich Ritualen, die einem fremd sind, annähern? Wie kann man heute Ostern feiern, wenn einem zum Beispiel die kirchliche Feier der Osternacht nichts sagt?
An Ostern steht für Christen die Auferstehung des Christus im Mittelpunkt. Gleichzeitig erleben die Menschen gerade in unseren Breitengraden das Ende des Winters und ein Aufbrechen des (neuen) Lebens. Dieses Erleben wird gern und oft mit dem lebenspendenden Grundgedanken von Ostern zusammengesehen und gefeiert.
Es ist eine Zeit, die wiederbelebte Natur dankend zu würdigen und das erwachende neue Leben zu begrüßen. Die dunklen Wintermonate sind nun vorbei, die Tage werden wieder länger – und der Frühling zieht endlich wieder ins Land und in unser Gemüt. Und all dies fand schon immer Ausdruck in Symbolen: Eier, Hasen und vieles mehr. Möglicherweise liegt es daran, dass sowohl Hasen als auch Eier Symbole für Fruchtbarkeit sind.