Musik im Exil

Am Karfreitag um 20.00 Uhr wird in einer musikalischen Meditation in der Klosterkirche Sursee die Musik von Sergej Rachmaninoff und weiteren Exilanten gewürdigt. Das Vokalensemble Sursee singt Chormusik aus den Vespern und der «Liturgie des heiligen Johannes Chrysostomos». Der Basssolist Reinhard Mayr singt Lieder und der Cellist Felix Schüeli spielt Stücke von Rachmaninoff, Arvo Pärt und Dimitri Shostakovich. Am Klavier begleitet Rahel Sohn, Texte liest Matthias Kissling, die Leitung hat Peter Meyer. Die Kollekte wird in Zusammenarbeit mit der Caritas Schweiz Betroffenen des Krieges in der Ukraine gespendet.


Das Schicksal Rachmaninoffs (1873-1943) und seiner Familie ist mit unserer Region verbunden. Die Wirren der Oktoberrevolution verbrachten die Rachmaninoffs völlig verängstigt in Moskau. Als Rachmaninoff eine Einladung zu einem Konzertauftritt in Schweden bekam, zögerte er keine Sekunde. Er verließ noch vor Weihnachten 1917 mit seiner Familie Russland. Dass es für immer sein sollte, wusste er damals nicht.


Die Familie Rachmaninoff erwarb 1930 ein Ufergrundstück in Hertenstein am Vierwaldstättersee und baute sich darauf ein Haus, genannt «Villa Senar» (Sergej + Natalja Rachmaninoff). Dort verbrachte Rachmaninoff viele Sommermonate und fand nach einer Schaffensblockade endlich wieder zum Komponieren zurück. Schliesslich verlor er die neue Schweizer Heimat mit dem Beginn des zweiten Weltkriegs und zog 1942 nach Beverly Hills, wo er bald darauf verstarb. Sein Wunsch, in Moskau begraben zu werden, ging nicht in Erfüllung. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Kensico-Friedhof in Valhalla (New York).


Im Jahr 2023 wird anlässlich des Jubiläums oft Musik von Rachmaninoff zu hören sein. Viele seiner Werke entsprechen dem Klischee des Klaviervirtuosen und schwelgerischen Spätromantikers. Für die Meditation am Karfreitag werden im Gegensatz dazu bewusst leise und innige Töne gewählt. Passend zum Thema «Musik im Exil» und der Weltlage.


Die Uraufführung der Vesper am 10. März 1915 bezeichnete Sergej Rachmaninoff als eine «Stunde der glücklichsten Befreiung». Schon als Kind war er von den Gesängen in den Kirchen derart überwältigt, dass er sie zu Hause auf dem Klavier nachzuspielen versuchte. Dreissig Jahre später setzte der Komponist seine Eindrücke in seinen Chorwerken um, welche zum Tiefsten und Ausdruckvollsten gehört, was die geistige Vokaltradition des Ostens in ihrer tausendjährigen Geschichte hervorgebracht hat. Wie sehr diese Musik auch Rachmaninoff am Herzen lag, zeigt sich in seinem Wunsch, man möge das Stück «Nyne otpuschtschajeschi» (Untertitel «nach Kiewer Gesangsart») an seiner Beerdigung singen.


Das Kunstlied wird im Osten oft als «Romanze» bezeichnet, mit gutem Grund: Unverblümte, emotional aufgeschäumte und vor allem direkt zu Herzen gehende Äußerungen einer verwundeten Seele sind es, die Rachmaninoff in seinen Liedern vertont. Und es sind Gedichte bedeutender russischer, aber auch französischer Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, wie auch in den 12 Liedern Op. 21, von denen Reinhard Mayr sechs ausgewählt hat. Schwermütige, melancholische Lieder von melodischer Eleganz, inspiriert vom Wesen und Klang der Dichtungen.


Abgerundet wird der Anlass mit Cellomusik von Dimitri Shostakovich und dem berührenden Friedensruf «Da pacem domine» von Arvo Pärt, einem zeitgenössischen Komponisten aus Lettland, welcher ebenfalls das Schicksal des Exils ertrug. Frieden ist es, den wir suchen, den wir dringend brauchen.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!