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Gebete können verschieden sein, sie können kurz oder lang, laut oder still sein, in Gemeinschaft oder allein gesprochen werden. Doch was macht ein Gebet zu einem Gebet? Und warum beten wir überhaupt? Das hat das Pfarreiblatt den Seelsorger Andreas Baumeister gefragt.
Was macht für dich ein Gebet aus?
Beten ist für mich wie eine innere Reise. Ich nehme mir dafür Zeit. Ich breche auf. Ich mache geistliche Erfahrungen. Und ich komme nach dem Beten wieder in meiner Lebensrealität an. Deswegen gehört für mich zum Beten vor allem, dass ich mir Zeit dafür nehme und dass ich einen Ort und eine Körperhaltung suche, wo mir wohl ist.
Gibt es unterschiedliche Qualitäten des Gebets?
Ja, es ist ganz anders, ob ich für mich allein bete oder in einem Gottesdienst mit anderen Menschen zusammen bete, ob ich still in meinem Herzen bete oder mit Worten ein Gebet ausspreche.
Warum beten Menschen?
Ich denke, Menschen beten in allen Religionen, um sich mit dem Transzendenten, mit Gott zu verbinden und sich dadurch auf Gott ausrichten. Als Christ würde ich sagen: Beim Gebet richte ich mich auf die Kraft der Liebe aus.
Welche Effekte hat das Gebet auf die Wahrnehmung, den Körper, das Empfinden des Betenden?
Beten kann heilend wirken. Heilend im Sinne von zufriedener werden, mehr in mir ruhen, hoffnungsvoller, angstfreier leben. Wenn ich regelmässig bete, kann ich mein Leben, meine Person, mein Schicksal, so wie es mir in meinem Alltag entgegenkommt, besser akzeptieren. Ich kann klarer wahrnehmen, was wirklich zählt in meinem Leben und ich werde auch empfindsamer für die Not und die Anliegen meiner Mitmenschen.
Wie rational ist es zu beten? Steht Beten nicht im Widerspruch zu einer wissenschaftsorientierten Welt, zu einer Welt, in der alles einen direkten Nutzen haben soll?
Ja, vielleicht steht beten im Widerspruch zu einer wissenschaftsorientierten Welt. Ich denke, das Gebet erschliesst sich nur der Beterin oder dem Beter. Der Person, die bereit ist, sich auf die Erfahrung des Betens einzulassen und selbst am eigenen Körper, in der eigenen Seele seine heilende und helfende Wirkung erfährt.
Braucht beten Übung?
Ich finde ja. Mein Gebet wenigstens lebt davon, dass ich es regelmässig praktiziere. Für mich ist das innere Gebet in der Form des Herzensgebets wichtig. «Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner» dieses innere Stossgebet, das ich in meinem Herzen immer wieder wiederhole, begleitet mich jeden Tag, jeden Abend vor dem Einschlafen und jeden Morgen vor dem Aufstehen.
Wie sieht es mit unterschiedelichen Formen es Gebets aus?
Ich denke, es gibt verschiedene Lebensphasen, wo das Gebet eine je andere Gestalt haben kann. Etwa das Beten und Singen mit kleinen Kindern bei Tisch oder vor dem Einschlafen. Oder als Familie bei kirchlichen Ritualen wie Taufe, Erstkommunion oder Familiengottesdiensten.
Verändert sich das Gebet auch im Laufe des Lebens?
Als junger Mensch, der das Gebet mehr in äusseren Grenzerfahrungen, in der Bewegung, in der Natur oder in der Musik sucht. Als reifer Mensch, der eine Pilgerreise unternimmt. Oder als älterer Mensch, wenn ich Zeit habe, allein oder mit anderen persönlich oder rituell zu beten. Das Gebet kann mich im Auf und Ab meines Lebens wie eine Melodie in ganz unterschiedlichen Tönen tragen. Das Gebet ist wie ein Lied, das mich durchs Leben begleitet und nie zu Ende ist.
Fragen: tm